Öffentlicher Vortrag am 21. Februar 2019

Die Erhard-Weigel-Gesellschaft hatte zu einem öffentlichen Vortrag von Dr. Guido Hinterkeuser (Berlin) über eine Erfindung Erhard Weigels eingeladen.

„Fliegende Stühle in Kopenhagen und Schwerin. Neue Quellen zur Verbreitung einer Erfindung Erhard Weigels“

Der Vortrag fand am Donnerstag, den 21. Februar 2019 ab 19:00 Uhr im Vortragsraum im „Haus im Sack“ in Jena (Oberlauengasse, Karte) statt und stieß auf großes Interesse.

In dem Vortrag wurden neue Archivfunde zu dem von Erhard Weigel erfundenen Fahrstuhl vorgestellt. Erstmals kann damit dessen Funktionsweise genau rekonstruiert werden. Diese Erfindung Erhard Weigels war nicht nur eine technische Raffinesse, welche das Weigelsche Wunderhaus in Jena zierte, sondern wurde bis nach Dänemark verbreitet und angewandt.


Von 1653 bis zu seinem Tode wirkte Erhard Weigel (1625–1699) als Mathematiker und Astronom an der Universität in Jena (Collegium Jenense). Schon damals war er berühmt für seine zahlreichen Erfindungen, von denen er viele bereits in seiner 1670 veröffentlichten Schrift Mathematische Kunstübungen sampt ihrem Anhang auflistete und beschrieb. Darunter findet sich auch die Konstruktion eines Personenfahrstuhls, bezeichnet als „Lanx reciproca. Eine Fahr-Wa[a]ge“, der selbsttätig von einer Person ohne fremde Hilfe benutzt werden konnte. Einen solchen „fliegenden Stuhl“, wie man in der Barockzeit derartige Personenaufzüge nannte, hatte Weigel anscheinend bereits in den 1650er Jahren im Kollegiengebäude der Universität installiert; und einen zweiten richtete er in seinem eigenen Wohnhaus ein, der berühmten Weigeliana Domus, die von 1668 bis 1670 in der Johannisgasse entstand und als eines der sieben Wunder von Jena galt. Erst 1714 publizierte Weigels Schüler Leonhard Christoph Sturm in seinem Architekturtraktat Prodromus Architecturæ Goldmannianæ eine Skizze von Weigels Erfindung und verglich sie mit davon abweichenden Konstruktionen für Personenfahrstühle. Dank bislang unbekannter Dokumente, die in dem Vortrag nun erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt werden, ist seit kurzem bekannt, dass Aufzüge, die exakt auf der Weigelschen Funktionsweise basierten, bereits einige Jahre zuvor und teils noch zu Lebzeiten Weigels in den Schlössern von Kopenhagen und Schwerin eingebaut worden waren. Plastische Beschreibungen und Zeichnungen geben Aufschluss über die Vor- und Nachteile dieser Fahrstühle, die meist bereits im 18. Jh. wieder spurlos verschwanden. Abgerundet wird der Vortrag durch Überlegungen, auf welchen Wegen Weigels Erfindung in den Norden gelangt sein könnte.

Pressespiegel
Michael Groß: Wurde der Fahrstuhl in Jena erfunden? Forscher stellt neue Belege vor
In: Ostthüringer Zeitung, 20. Februar 2019 Online