Erhard Weigel (1625–1699) lehrte von 1653 bis zu seinem Tod als Professor der Mathematik an der Universität Jena. Die barocke Fülle seiner theoretischen und praktischen Projekte erstaunt und verwirrt heute noch den Betrachter. Innerhalb der Universitätshierarchie zwar nur für einen kleinen Bereich zuständig, beschäftigte er sich auch mit Themen, die traditionell anderen Lehrstühlen und Fakultäten vorbehalten waren bzw. im Rahmen der Universität nicht gelehrt wurden. Als Mathematiker, Astronom, Physiker, Philosoph, Logiker, Theologe, technischer Erfinder, Pädagoge, Wissenschaftsorganisator und Kalenderreformer schuf er ein wissenschaftliches Werk, das zwar in Einzelbereichen schon bekannt ist, in seiner thematischen Breite und seinem inneren Zusammenhang aber erst noch eingehend untersucht werden muss.
Die Forschung zu Weigel ist, wie es bei nicht kanonisierten Gelehrten die Regel ist, nicht besonders umfangreich. Die Heterogenität seines Werkes erschwert den Zugriff und erklärt, warum die einzelnen Teilbereiche so unterschiedlich stark bearbeitet wurden. Über den Pädagogen Weigel sind wir recht gut informiert; der Mathematiker ist berüchtigt, doch eigentlich kaum bekannt. Einem Verständnis des Philosophen kommen wir langsam näher; der Physiker Weigel ist nahezu unbekannt. Dabei wäre das Werk Erhard Weigels der perfekte Gegenstand eines groß angelegten interdisziplinären Projektes. Dies ist vielleicht der Grund, weshalb ein steigendes Interesse an diesem Gelehrten festzustellen ist, das sich u.a. äußert in Kolloquien, die 1999[1], 2000[2] und 2003[3] in Jena durchgeführt wurden. Durch diese Veranstaltungen wurde das Gelände sondiert und es konnten auch Versäumnisse der Forschungen benannt werden, die im folgenden aufgelistet werden.
Dabei wird dargestellt, in welchen Bereichen unser Wissen über das Leben und Werk von Erhard Weigel lückenhaft ist bzw. wie die Voraussetzungen verbessert werden können, diese Lücken zu schließen. Deshalb wird zunächst untersucht, wie es um die Zugänglichkeit seines Werkes und der Quellen für die Biographie beschaffen ist. Des weiteren wird erläutert, über welche Lebensphasen Weigels wir noch unzureichend informiert sind. Und schließlich wird dargestellt, welche Teile des Weigelschen Werkes noch weiter erschlossen werden müssen.
[1] R.E. Schielicke, K.-D. Herbst und S. Kratochwil (Hrsg.): Erhard Weigel – 1625 bis 1699. Barocker Erzvater der deutschen Frühaufklärung. Beiträge des Kolloquiums anlässlich seines 300. Todestages am 20. März 1999 in Jena. Thun und Frankfurt am Main 1999. Online
[2] S. Kratochwil (Hrsg.): Philosophia mathematica. Die Philosophie im Werk von Erhard Weigel. Jena 2005.
[3] In den Jahren 2006, 2008, 2011 und 2014 fanden weitere Kolloquien statt. Zu allen Weigel-Kolloquien ist ein Tagungsband erschienen, vgl. auch Frühere Weigel-Kolloquien.