Zugänglichkeit des Werkes und der Quellen

Bibliographien
Eine wichtige Voraussetzung für die systematische Erschließung der Werke eines Wissenschaftlers bzw. Gelehrten ist ein Verzeichnis aller gedruckten  wie auch handschriftlichen Werke dieses Autors. Schon im 18. und 19. Jahrhundert erschienen Bibliographien zum Werk Weigels, so von J.C. Zeumer[1], J.H. Zedler[2] und C.G. Jöcher[3] und von E. Spieß[4]. Alle diese Bibliographien sind jedoch unvollständig und wurden durch die gegenwärtig umfassendste Bibliographie, die von H. Schüling 1970 herausgegeben wurde[5], ersetzt. Schüling hat die Kataloge von 33 deutschen und 11 ausländischen Bibliotheken[6] ausgewertet, die Liste der dabei gefundenen Schriften von Weigel mit der in den älteren Bibliographien enthaltenen Verzeichnissen verglichen und die bei dieser Recherche nachgewiesenen Schriften chronologisch geordnet. Dieses Verzeichnis ist auch heute noch unverzichtbar für jede wissenschaftliche Beschäftigung mit Erhard Weigel. In dieser Bibliographie werden 148 Schriften von Weigel aufgeführt, von denen zugleich auch der Standort angegeben wird. Weiterhin wird die Sekundärliteratur zu Weigel bis 1970 weitgehend vollständig aufgelistet. Ein Personen- und Werkregister erleichtert die Benutzung dieser Bibliographie.

Allerdings sind seit dem Erscheinen dieses Werkverzeichnisses 47 Jahre vergangen und es sind einige Mängel deutlich geworden, die eine Überarbeitung als dringend nötig erscheinen lassen. So hat sich gezeigt, dass das Verzeichnis der Weigelschen Druckschriften nicht vollständig ist. Schon in einer Rezension wies W. Hestermeyer[7] auf diesen Umstand hin und gab einen Hinweis auf eine Schrift, die von Schüling nicht erwähnt wurde. Auch in dem Verzeichnis, das durch das Projekt VD17, dem „Verzeichnis der im deutschen Sprachraum erschienenen Drucke des 17. Jahrhunderts“[8] erstellt wurde, befinden sich Druckschriften Weigels, die bei Schüling nicht zu finden sind. So wissen wir jetzt, dass die Erstlingsschrift von Weigel nicht die Leipziger astronomische Dissertation De ascensionibus et descensionibus von 1650 ist, sondern dass er schon 1647 in Halle praeside Christiano Gueinzio eine Divitiarum evangelicarum disquisitio verfasst hat, die sich in der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle befindet. Erforderlich ist also eine neue Bibliographie, die Schülings Verzeichnis erweitert um die inzwischen nachgewiesenen Schriften. Auch werden bei der Recherche in kleineren Bibliotheken, die weder von Schüling noch durch das VD17 berücksichtigt werden, vielleicht noch ein paar derjenigen Schriften gefunden werden, die in den alten Bibliographien erwähnt werden, von denen aber bisher kein Exemplar bekannt ist.

In der neu zu erstellenden Bibliographie ist auch die seit 1970 erschienene Sekundärliteratur zu Weigel[9] aufzunehmen sowie die nicht erwähnte Literatur zu ergänzen. Das hauptsächliche Defizit der Bibliographie von Schüling ist jedoch, dass sie nur wenige Informationen zum handschriftlichen Nachlass liefert.[10] Ein Verzeichnis dieser Bestände würde die Voraussetzung dafür schaffen, dass die Weigelforschung ihre Untersuchungen auf eine wesentlich breitere Grundlage stellen könnte.

Druckschriften
Die meisten von Weigels Schriften sind nur in der ersten Auflage vorhanden und existieren laut Schüling und VD17 nur noch in wenigen Exemplaren pro Druck. Vereinzelte Nachdrucke aus dem 18. Jh. sind ebenfalls sehr rar. Der einzige Nachdruck aus dem 20. Jh. wurde von H. Schüling herausgegeben, der eine Sammlung kleinerer pädagogischer Schriften unkommentiert als Reprint nachdruckte.[11]

Im Verlag Frommann-Holzboog wird seit 2003 eine kommentierte Ausgabe von Werken Erhard Weigels herausgegeben. Erschienen sind bisher fünf Bände. Herausgegeben von T. Behme, liefern sie den Text in der Originalsprache und sind mit einem ausführlichen Sachkommentar versehen, der eine hervorragende Hilfe ist für das Verständnis der Weigeltexte. Je ein weiterer Band steht vor Bearbeitungsabschluss und ist in Planung. Nach der Erscheinen aller Bände werden der Forschung also wichtige der umfangreicheren Schriften von Weigel in einer kommentierten Neuausgabe zur Verfügung stehen. [Siehe Neue Werkausgabe.]

Bei den kleineren und Gelegenheitsschriften sowie bei den akademischen Disputationen und Dissertationen ist man jedoch nach wie vor auf die Erstdrucke angewiesen. Hier würde eine kommentierte Ausgabe die Ausgangsposition der Forschung enorm verbessern. Dies wäre auch ein Beitrag zur Erforschung der akademischen Kultur der frühen Neuzeit insgesamt, da diese Art von Texten in der Literatur bisher eher selten zur Kenntnis genommen worden ist.

Handschriften
Der größte Nachholebedarf besteht allerdings bei den Handschriften. Ein systematischer Versuch, die noch vorhandenen Manuskripte und Briefe zu registrieren, ist schon angemahnt,[12] aber bisher nicht unternommen worden.

Für die Rekonstruktion sowohl des gelehrten Lebens als auch des Lebens der Gelehrten ist, insbesondere im 17. Jahrhundert, neben einer Analyse der Werke besonders der Briefwechsel von erstrangiger Bedeutung. Wissenschaftliche Kommunikation war in dieser Zeit, in der gelehrte Zeitschriften selten und der persönliche Austausch von nicht in einer Stadt lebenden Gelehrten schwierig war, weitgehend an das Medium Brief gebunden. Aber auch bei Versuchen, mehr über das persönliche Leben bzw. Details aus dem Privatleben zu erfahren, sind wir weitgehend auf Briefe angewiesen. Die Kenntnis des Briefwechsels von Erhard Weigel ist deshalb von nicht zu überschätzender Bedeutung.

Dieser Briefwechsel, der allem Anschein nach und den damaligen Gepflogenheiten gemäß sehr umfangreich war, ist wohl nur noch in Bruchstücken vorhanden. Seine Erschließung durch eine kommentierte Edition ist eines der wichtigen Vorhaben der Weigelforschung in der nächsten Zeit. Eine vorläufige Recherche hat bisher etwa 200 Briefe von und an Erhard Weigel nachweisen können. Diese befinden sich in den folgenden Archiven und Bibliotheken: Thüringisches Staatsarchiv Altenburg, Staats- und Stadtbibliothek Augsburg, Öffentliche Bibliothek der Universität Basel, Archiv der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha, Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Universitätsarchiv Giessen, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, Thüringisches Staatsarchiv Gotha, Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg, Niedersächsische Landesbibliothek Hannover, Thüringische Universitäts- und Landesbibliothek Jena, Universitätsbibliothek Leipzig, Stadtarchiv Lindau, Staatsarchiv Nürnberg, Russische Nationalbibliothek St. Petersburg (ehemals Saltykow-Stschedrin-Bibliothek Leningrad), Stadtarchiv Weiden, Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar, Österreichisches Staatsarchiv Wien, Stadtarchiv Wunsiedel. [Hierzu siehe auch: Erhard–Weigel–Korrespondenz.]

Neben den Briefen konnte aber auch eine Reihe von Gutachten, Memorialen und Manuskripten in den erwähnten Archiven und Bibliotheken nachgewiesen werden. Insbesondere in den drei thüringischen Staatsarchiven in Weimar, Gotha und Altenburg sind viele Weigelmanuskripte vorhanden, die den regen Austausch des Mathematikprofessors mit den drei Herzögen belegen, die zugleich Nutritoren der ernestinischen Landesuniversität Jena waren. So finden sich u.a. Gutachten zu Schriften, welche die Kalenderreform vorbereiteten, Rechtfertigungsschreiben zu Anschuldigungen innerhalb der Universität und sogar noch handschriftliche Horoskope. Auch diese Manuskripte müssen insgesamt verzeichnet und so der Weigelforschung zugänglich gemacht werden.


[1] J.C. Zeumer: Vitae professorum theologiae, jurisprudentiae, medicinae et philosophiae, qui in illustri academia Jenensi ab ipsius fundatione ad nostra usque tempora vixerunt. Jena 1711. Zu Weigel S. 105–116. Online
[2] J.H. Zedler: Grosses vollständiges Universal=Lexicon aller Wissenschaften und Künste. 54. Band, Wie-Wend. Leipzig und Halle 1747, Sp. 288–291. Online
[3] C.G. Jöcher: Allgemeines Gelehrten=Lexicon, Vierter Theil S–Z. Leipzig 1751, Sp. 1857–1859. Online
[4] E. Spieß: Erhard Weigel, weiland Professor der Mathematik und Astronomie zu Jena, der Lehrer von Leibnitz und Pufendorf. Ein Lebensbild aus der Universitäts- und Gelehrtengeschichte des 17. Jahrhunderts, gleichzeitig ein Beitrag zur Geschichte der Erfindungen sowie zur Geschichte der Pädagogik. Leipzig 1881, S. 20–25. Online
[5] H. Schüling: Erhard Weigel (1625–1699). Materialien zur Erforschung seines Wirkens. Giessen 1970. (Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek Giessen 18). Online
[6] Das Verzeichnis dieser Bibliotheken findet man in seiner Bibliographie auf den S. 2 (Fn. 2), 6 und 7.
[7] W. Hestermeyer: Rezension von H. Schüling: Erhard Weigel 1625–1699. Materialien zur Erforschung seines Wirkens. Giessen 1970. In: Studia Leibnitiana 3 (1971), S. 79.
[8] Im Internet ist dieses Projekt unter http://www.vd17.de/ abrufbar.
[9] Eine Auswahl findet sich bei K. Moll: Erhard Weigel. In: Grundriß der Geschichte der Philosophie. Die Philosophie des 17. Jahrhunderts. Band 4. Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Nord- und Ostmitteleuropa. Hrsg. von H. Holzhey und W. Schmidt-Biggemann unter Mitarbeit von V. Mudroch. Basel 2001, S. 956.
[10] Einige Hinweise finden sich auf S. 86f.
[11] H. Schüling (Hrsg.): Erhard Weigel. Gesammelte pädagogische Schriften. Giessen 1970 (Berichte und Arbeiten aus der Universitätsbibliothek Giessen 19). Online
[12] Vgl. D. Döring: Die res publica litteraria im mitteldeutschen Raum um 1700 im Spiegel ihrer Korrespondenz. In: Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt. Band 5: Aufklärung in Europa, hrsg. von Erich Donnert. Köln, Weimar, Wien 1999, S. 226.

Einführung
Zur Biographie Erhard Weigels