Archiv der Kategorie: Kometenbeobachtung

Brief Johannes Hevelius‘ an Erhard Weigel, 2. Juli 1677 (st.n.)

Dieser Brief wurde von Klaus-Dieter Herbst in seinem Beitrag zum Tagungsband zum 5. Weigel-Kolloquium 2008 publiziert. Dieser Edition inklusive der Anmerkungen sei an dieser Stelle gefolgt.

Klaus-Dieter Herbst: Erhard Weigel und seine Empfehlungsschreiben für Gottfried Kirch und Tobias Schnitter an Johannes Hevelius. In: Klaus-Dieter Herbst und Helmut G. Walther (Hrsg.): Idea matheseos universae. Ordnungssysteme und Welterklärung an den deutschen Universitäten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Stuttgart 2012, S. 35–36.

Edler, GroßAchtbarer vnd Hochgeehrter Hr.

Ich erinnere mich gar wol, das ich Meinem Hochg. Hr. noch eine antwort, insonderheit auf das schreiben,1 darinnen er mir den Hr. Kirchnern recommendiret hatte, schuldig bin; alldieweil mir aber das gedachte schreiben vnversehens von der handt gekommen, das ich nie nicht es wieder habe können, zu sehen bekommen, als habe ich biß zu dieser gelegenheit es versparen wollen. Bedancke mich fürs erste, das Mein Hr. schon zu vnterschiedenen mahlen mit schreiben mich ersuchen hatt, wünsche das ich hinwiederumb gelegenheit haben möchte solche angenehme freündtschafft auch mit der thatt zuerkennen, vnd wie das ich allezeit gefließen Meinem Hochg. Hr. zu dienen. Was den Cometen2 betrifft, wan vnd wie er erschienen vnd wie lange er von mir alhir zu Danzig seÿ observiret worden, wird aus beyliegende Epistel3 vngefehr zu sehen sein; das vbrige wird aus denen observationibus genwer deduciret werden. Den Hr. Tobiam Schnittern, habe ich gerne, auf Meines Hochg. H. recommendation irgentwo beferdern wollen, aber weil beÿ vns gar wenig gelegenheit vorhanden, als hatt es nicht geschehen können: wo er nun geblieben weiß ich nicht, den er nicht wieder zu mir gekommen. Den Hr. Kirchner den mir M. H. auch dazumahl recommendiret, habe ich zu der Zeit, so wie ers inständig auch suchte, gerne bey mir behalten wollen, vnd hatten zusamen contrahiret auf ein iar furs ert, liß sich zuanfangs an, als wan er wol lenger würde bleiben; meine gutte hoffnung aber hatt mich betrogen. den nach dem er etzliche wochen oder monate bey mir gewesen, hatt er vorgewandt er hette bey Königsberg einige schulden einzufordern, welches ich auch gerne concediret, in hoffnung er würde wieder kommen und seiner Zusage nachkommen aber er ist alsbaldt von da nach hause gereiset und nicht eins einen abscheidt von mir genommen noch einen eintzigen brieff an mich geschrieben,4 viel weniger sich etwa bedancket für die herberge; da ich ihm doch, wie er nicht anders wird sagen können alle ehre vnf freindtschafft erwiesen, hette er alsbaldt freÿ heraus gesaget das er eine frawe5 hette (wie ich hernach erfahren, vnd das er nur suchte eine zeitlang sich alhie aufzuhalten) ich hette ihn gerne freÿ, vmb meines Hochg. Hr. halbe, bey mir eine zeitlang behalten. Das er aber mir soetwas hatt dürffen auf den ermel binden da er ein anders hatt im sinne gehabet, hatt ihm für wahr nicht wol angestanden, das er Meinen Hoch. Hr. vnd mich so verleitet hatt. Wiewol mir wenig an seinen diensten ist gelegen gewesen, habe seiner gar wol entbehren können, vnd das was er beÿ mir verrichtet ich nicht einer bone wert halte. Im vbrigen gratulire ich Meinem Hochg. Hr. das er wieder fürgenommen die Physicam mit der Mechanica zuvereinigen. Zweiffele nicht darum, das Mein Hochg. Hr. daßelbige löbliche werck zum gewünschten ende wird vollerführen können, vnd sich als dan einen eigenen Nahmen erwerben. Womit der Göttlichen obhutt trewlich empfohlen, verbleibende

Meines Hochgeehr. Hr.
Dienstgefließener
Johan Hewelcke.

In Danzig Ao 1677
den 2 Julij. St. n.


Für die Fußnoten siehe
Klaus-Dieter Herbst: Erhard Weigel und seine Empfehlungsschreiben für Gottfried Kirch und Tobias Schnitter an Johannes Hevelius. Seiten 35–36.

1   Gemeint ist der Brief von Erhard Weigel an Johannes Hevelius vom 26. August 1673.
2   Komet C/1677 H1, beobachtet vom 17./27.4. bis 28.4./8.5.1677. Dieser Komet wurde von Hevelius entdeckt.
3   Johannes Hevelius: Epistola ad Amicum De Cometa Anno MDCLXXVII Gedani observato, Danzig 1677.
4   Hier irrt sich Hevelius. Kirch schrieb an seine Frau in einem Brief aus Königsberg (verfasst vor dem 2./12.2.1675): „Sonsten kann ich auch unberichtet nicht laßen, daß, da ich zu Gerdaun sahe, daß es mit meiner Erbschaft gar langsam und schwer hergehen wolte, ich an Seine WohlEdle Herrlichkeit, Tit. H. Joh. Hevelium geschrieben, und ihm vermeldet, daß es langsam herginge, und es sich ansehen ließe, daß ich gar wieder auff Guben müßte, er solte in Gottes Nahmen an meine Stelle iemand anders nehmen. Ichwerde wol eine Weile hier zu Königsberg verbleiben, weiß aber nicht wie lange.“ (Herbst, Kirch-Korrespondenz, Bd. 1, S. 6.) Daraus folgt zweifelsfrei, dass Kirch an Hevelius geschrieben hatte und für sein Fernbleiben eine Erklärung gab. Dieser Brief ist nicht überliefert.
5   Maria Kirch, geborene Lang, in Lobenstein, seit 1667 mit Gottfried Kirch verheiratet.


Literatur

  • Klaus-Dieter Herbst (Hrsg.): Die Korrespondenz des Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch. 3 Bände, Jena 2006.

Brief Erhard Weigels an Johannes Hevelius, 4. Mai 1677

Dieser Brief wurde von Klaus-Dieter Herbst in seinem Beitrag zum Tagungsband zum 5. Weigel-Kolloquium 2008 publiziert. Dieser Edition inklusive der Anmerkungen sei an dieser Stelle gefolgt.

Klaus-Dieter Herbst: Erhard Weigel und seine Empfehlungsschreiben für Gottfried Kirch und Tobias Schnitter an Johannes Hevelius. In: Klaus-Dieter Herbst und Helmut G. Walther (Hrsg.): Idea matheseos universae. Ordnungssysteme und Welterklärung an den deutschen Universitäten in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts. Stuttgart 2012, S. 34–35.

WohlEdler, Vest vnd Hochgelahrter auch
Hochweiser, Insonders Hochgeehrter Herr vnd
Werther Gönner.

Wir sind alhier nicht also Glückseelich gewesen, daß wir den Cometen,1 welcher Die Oster Wochen vber frü vor der Sonnen aufgang Vnter der Andromeda soll erschienen seyn, Hetten beob-achten können. Habe Derowegen mich vnterstehen sollen vmb einige Nachricht vermittels mündlichen Berichts gegen vberbringern dieses (wo das schreiben zu beschwerlich fallen wolte). von meinen Hochgeneigten Gönner zu bitten, darneben aber auch besagten vberbringer, der eine Zeitlang alhier bey […] jura studiret,2 alß einen feinen Sittsamen Menschen, nahmens Tobias Schnitter LL. Stud.3 aus Schlesien dahin bestermassen zu recommendiren, ob etwa einige Condition in der Stadt Dantzig vor Ihn durch M[eines]H[ochgeehrten]H[err]n Hoch-Güttiges Wortt sich finden möchte. Welches ich nechst Ihn mit schuldigen Danck zuerkennen mir keine Vergessenheit stellen werde. […]4

Verbleibe nechst empfehlung in Gottes Schutz
Meines Hochgeneigten Gönners
Dienstergebenster

ErhWeigelius PP.

Jena den 4. Maij 1677.


Für die Fußnoten siehe
Klaus-Dieter Herbst: Erhard Weigel und seine Empfehlungsschreiben für Gottfried Kirch und Tobias Schnitter an Johannes Hevelius. Seite 34.

1   Komet C/1677 H1, beobachtet vom 17./27.4. bis 28.4./8.5.1677. Dieser Komet wurde von Hevelius entdeckt.
2   Die Textlücke entspricht der leeren Stelle in dem Brief. Vermutlich hatte Weigel vergessen, den entsprechenden Namen zu ergänzen. An der juristischen Fakultät lehrten um 1675 z.B. die Professoren Rudolf Wilhelm Krause (1612–1689), Georg Adam Struve (1619–1692) und Ernst Friedrich Schröter (1621–1676).
3   Legum Studiosus
4   Im weiteren Verlauf des Briefes bittet Weigel darum, ein Päckchen mit einer kleinen Schrift Nicolaus Beckmanns (1634–1689) wider Samuel Pufendorf (1632–1694), das Tobias Schnitter bei sich hat, an Pufendorf weiterzusenden. Ferner berichtet Weigel ausführlich von seiner Bemühung, die gesamte Philosophie mit der Mathematik zu vereinigen und die Physik nach der Mechanik einzurichten.

Brief Erhard Weigels an Gottfried Kirch, 19. Dezember 1680

Laufende Nr. im Briefwechselverzeichnis von Stefan Kratochwil: No. 88
(Der Briefwechsel von Erhard Weigel. Seite 148.)

Dieser Brief wurde von Klaus-Dieter Herbst im Rahmen der Kirch-Korrespondenz publiziert. Dieser Edition inklusive der Anmerkungen sei an dieser Stelle gefolgt.

Dieser Auszug von unbekannter Hand entspricht im Wortlaut dem Mittelteil eines Briefes von Weigel an Herzog Johann Ernst II. von Sachsen-Weimar vom 19./29. Dezember. Da Kirch spätestens seit Anfang der 1670er Jahre mit Weigel bekannt war und Kirch nachweislich Beschreibungen von Kometenerscheinungen anderer Beobachter, darunter aus Jena, erhalten hat, ist es sinnvoll anzunehmen, daß Weigel am 19./29. Dezember 1680 auch einen Brief an Kirch geschickt hat.

Klaus-Dieter Herbst (Hrsg.): Die Korrespondenz des Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch. Band 1: Briefe 1665–1689, Brief Nr. 77, S. 71–72.

Extract Schreibens von Herrn Erhardo || Weigeln, aus Jehna den 19. Decembr. 1680.

Welcher gestalt Ich alhier den annoch wehrenden, und an wunderlichen Erscheinungen immer zunehmenden Cometen,1 nicht allein vom 10. Novembr. an, solange Er früh vor der Sonnen Aufgang zusehen gewest, sondern auch nachdem Er den eigenen Lauff der Sonnen übertroffen, und sich nun nach der Sonnen Untergangn hinführo weiter erweisen wird, das Erstemahl den 11. Decembr. das (2) mahl gestern als den 18. Decembr. zum 3tenmahl heüte den 19. ejusdem auf das fleißigste beobachtet. Und2 befinde Ich beÿ demselben soviel wundersame Eigenschafften, daß Ich mit fleißiger Nachschlagung im Register der vormahls erschienenen Cometen, noch keinen finden können, der Ihme gleich wehre, Indem Er (1.) gantz nahe unter dem Marte im Himmelsbilde des Löwen, also käntlich entstanden, daß man von seiner Gebuhrt Stad gewißer als sonst von je eines andern Cometen seiner versichert, (2.) gar nahe beÿ der Mittelstraße des vornehmsten Creißes des Zodiaci, darunter alle Planeten sich aufhalten, immer her und fort gestrichen, daß Er einen Strich, nicht wie die andern alß einen Circkel, sondern als eine Schlangen Linie geführet, welches sonst von keinem gelesen wird. (3.) So ist Er auch viel käntlicher alß ie einer, da man doch von gar sehr wenigen dergleichen lieset, so wohl vor alß nach der Sonnen gesehen worden, hat sich erstlich als ein Morgenstern, nun aber als ein Abendstern erwiesen. (4.) Ist der Schweiff ümb ein ziemliches länger, als ie einer observiret worden, und hat sich diesen nechsten Erscheinungen nach, über 70. grad am himmel erstrecket, so formidabel, daß sich gestern alhier Jederman davor entsezet, auch einige gemeine Leüthe Willens gewesen, in Erblickung Seiner, es vor ein Feüer auszuschreÿen.
Nun gehet der so große Schweiff mitten durch den Adler, auf das Creütz Christi, sonst der Schwan genant, zu, und zielet der Comet mit seinem iezo von der Mittelstraße abgewendeten Lauffe gegen dem Delphin und dem Pegaso hin, und scheinet allso, daß Er daherum seinen Lauff vollenden würde: Weßwegen er sich denn Uns Christen, sonderlich im Römischen Reiche, sehr considerabel darstellet.
Ich bin gleich begriffen, meine wenige Beschreibung zum Druck zu befördern, darzu schon der Anfang gemachet, und darneben der gantze Zodiacus mit dem Lauffe des Cometen in Kupffer gestochen wird.3 p


Für die Anmerkungen siehe
Klaus-Dieter Herbst (Hrsg.): Die Korrespondenz des Astronomen und Kalendermachers Gottfried Kirch. Band 3, Seite 40.

1   Komet C/1680 V1. Siehe Kronk, 1999, S. 369–373 und Yeomans, 1991, S. 422.
2   Von hier bis zum Ende des nächsten Absatzes gleicht der Text auch der Beschreibung in einer Veröffentlichung von 1681. Siehe N.N.: Prognosticon, Oder Unmaßgebliches Bedencken, 1681, Bl. 35v.
3   Siehe Weigel, E.: Himmels=Zeiger, 1681, S. 65 ff. Darin befindet sich der hier erwähnte Kupferstich mit der Bahn des Kometen.


Literatur

  • Garry W. Kronk: Cometography. A Catalog of Comets. Volume 1: Ancient–1799. Cambridge 1999.
  • Donald K. Yeomans: Comets. A Chronological History of Observation, Science, Myth, and Folklore. New York [u.a.] 1991.
  • Erhard Weigel: Himmels-Zeiger Der Bedeutung Bey Erscheinung Des ungemeinen Cometen : Anno 1680. von 6. Novembr. an/ beobachtet. Jena 1681, VD17 39:123010L, Digitalisat
  • Prognosticon, Oder Unmaßgebliches Bedencken/ Uber Den letzten im Außgang des verschienenen/ und im Anfang dieses 1681sten Jahrs/ erschienenen greülichen und unerhörten langen Cometen : Zusammen getragen auß etlichen Schrifften der berühmbtesten Mathematicorum. Hamburg 1681. Band 1. VD17 1:058018A, Digitalisat